Was früher ein Wohnzimmer war, ist jetzt auch Küche
Und Bäder wandern ins Schlafzimmer. Das kann man befürworten oder nicht. Auf jeden Fall lohnt es sich, beim Wohnen verstärkt auf flexible Grundrisse zu achten.
Lebenslang dieselbe Firma? Lebenslang die gleiche Wohnung? Beides Schnee von gestern. Die neue Vielfalt des Lebens braucht neue Büros und neue Räume. Das kommt nicht über Nacht, aber es kommt. Denn Megatrends sind „Lawinen in Zeitlupe“, wie es Mag. Christiane Varga vom Zukunftsinstitut Österreich beim Bundestag der Vermögens- und Immobilientreuhänder in Linz umschreibt.
Durchbruch
Änderungen in der Gesellschaft schlagen sich naturgemäß auch im Wohnen nieder. Kindheit und Jugend bis etwa 23 Jahre, danach Berufseinstieg und lebenslange Ehe, ab 60 dann in Pension: So ist es Tradition. Jetzt schließt sich nach Kindheit und Jugend zunehmend eine berufliche und private Testphase an, erst nach Beginn des dritten Lebensjahrzehnts wird man sesshaft und startet den Durchbruch ins Leben. Ab 60 winkt dann nicht der Ruhestand, sondern berufliche Umorientierung, oft auch mit einem privaten Neustart verbunden.
Aufbruch
Parallel dazu verändern sich die Haushaltsgrößen. Lebenslänglich eine bestimmte Wohnung oder dasselbe Haus zu nutzen, ist bereits seit Mitte der 1950er-Jahre auf dem Rückzug. Nun sind zunehmend Haushalte für ein oder zwei Personen gefragt und Fünfzigjährige leben wie ein zwanzigjähriger Student. Die jungen Alten proben als sogenannte „Greyhopper“ den Aufbruch und möchten noch einmal ein neues Leben beginnen.
Trendbruch
Entsprechend wächst das Interesse an völlig neuen Wohnformen. Gab es früher Wohnnischen mit unterschiedlichen Funktionen wie Kochen, Waschen, Wohnen, so wurden diese von streng getrennten Räumen abgelöst. Nun löst sich diese klare Trennung wieder zunehmend auf. Küche und Wohnzimmer verschmelzen. Das Bad wird als Wellness-Oase in den Schlafbereich integriert. Aus Zimmern werden Arbeits-, Begegnungs- und Schlafzonen. Natürlich wird es weiterhin Räume geben, aber nicht mehr mit einer klar fixierten Zweckwidmung. Die Möbel verändern sich ebenfalls. Statt gewohnter Zwischenwände definieren nun beispielsweise Wohnlandschaften die Nutzung.
Kulturbruch
Am Horizont zeigt sich schon ein neuer Trend. Mehrgenerationen- Wohnformen gewinnen an Bedeutung. Beispielsweise mittels Cohousing – in eher kleinen, privaten Wohnungen oder Häusern leben, Gemeinschaftsflächen nutzen und in großen Gemeinschaftsküchen feiern. Denn „Gemeinschaft entsteht beim Essen“. So lautet der im Prinzip pragmatische Grundgedanke dieser neuen Wir-Kultur.
Umbruch
„Cohousing ist eine Wohnform für Menschen, die aktive Nachbarschaft pflegen wollen, denen aber sehr wohl auch die eigene Privatsphäre am Herzen liegt“, beschreiben Betreiber eines entsprechenden Projekts in Niederösterreich diesen Umbruch. Das klingt nach Studentenwohnheim statt Seniorenzentrum, aber es wird hochwertiger. Und es ist sichergestellt, dass man sich bei Bedarf jederzeit in Privaträume zurückziehen kann.